Der Bund hat ein neues Förderprogramm für ‚Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0‘ aufgelegt. Die Förderrichtlinie gilt seit dem 1. Juli. Um gefördert zu werden, muss ein Netz mindestestens 50 Prozent des Jahreswärmebedarfs aus erneuerbaren Energien oder Abwärme beziehen.

 

Ein Wärmenetz 4.0 darf höchstens 95 Grad Celsius an Vorlauftemperatur benötigen. Über die Förderung sollen zudem Innovationen wie saisonale Großwärmespeicher oder eine Sektorenkopplung zwischen Strom- und Wärmebereich mittels einer Großwärmepumpe oder eines Elektrokessels angereizt werden. Bei einer grundsätzlichen Ausrichtung auf Niedertemperaturnetze möchte das Bundeswirtschaftsministerium ein breites Spektrum von Technologien ermöglichen. So können sogenannte kalte Wärmenetze mit 20 Grad Vorlauftemperatur ebenso gefördert werden wie klassische Fernwärmenetze, sofern deren Vorlauftemperaturen nicht über 95 Grad Celsius liegen. Nur maximal die Hälfte des regenerativen Anteils darf allerdings aus Biomasse stammen, so dass die meisten der bislang realisierten Solar-Bioenergiedörfer mit 20 Prozent Sonnenwärme und 80 Prozent Holzenergie nicht als Modellvorhaben im Sinne der neuen Förderichtlinie gelten würden. Politisches Ziel ist es, mit dem Programm mindestens in zwölf Fällen die wirtschaftliche und technische Realisierbarkeit in Machbarkeitsstudien zu belegen und mindestens sechs Wärmenetze bis zum Jahr 2020 neu zu bauen oder grundlegend zu transformieren. Die Netze sollen in der Regel mindestens 100 Anschlüsse oder eine Mindestabnahme von 3 Gigawattstunden pro Jahr haben. Kosteneffizienz wird dabei groß geschrieben. Die Wärme aus den geförderten Netzen soll perspektivisch ebenso kostengünstig bereitgestellt werden wie im Rahmen einer konventionellen Erzeugung aus fossilen Energien. Gefördert wird der Neubau oder die Transformation bestehender Netze, wobei auch separate Niedertemperatur-Teilnetze eines Hochtemparaturnetzes förderfähig sind.Die Förderung gibt es generell in Form von Zuschüssen, und zwar vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Dort müssten Merkblätter und Durchführungsbestimmungen für das neue Fördergebiet aber erst noch erarbeitet werden, erfuhren die Solarthemen in der Behörde. Gefördert wird in zwei Modulen. Zunächst werden Machbarkeitsstudien bis zu 60 Prozent gefördert. Bis zu 50 Prozent Zuschuss können anschließend im zweiten Modul für die Realisierung der Netze vom BAFA gezahlt werden. Zusätzlich fließen bis zu 80 Prozent Zuschuss für die Information potenzieller Nutzer, womit eine hohe Anschlussquote erreicht werden soll. Ferner gibt es bis zu 100 Prozent Zuschuss für die Beteiligung regionaler Hochschulen. Neu ist die Stufung der Förderhöhe. Für das Wärmenetz gibt es zunächst eine Förderung von 20 Prozent – bzw. 30 Prozent, wenn der Antragsteller ein Kleines oder Mittleres Unternehmen (KMU) ist. Hinzu kommt eine ‚Nachhaltigkeitsprämie‘ von bis zu 10 Prozent – und zwar gibt es für jeden vollen Prozentpunkt, den der Anteil von erneuerbaren Energien oder Abwärme die Mindestanforderung von 50 Prozent übersteigt, einen Zuschlag von 0,2 Prozent. Innovativ ist auch die ‚Kosteneffizienzprämie‘ für besonders niedrige Wärmepreise. Unterschreitet der nach einer Formel aus Grund- und Arbeitspreis ermittelte Wärmepreis die Messlatte von 10 Cent pro Kilowattstunde, so erhöht sich schrittweise dieser Bonus. Bei einem Wärmepreis von nur 5 Cent gäbe es das Maximum von 10 Prozent der förderfähigen Kosten. Antragsberechtigt sind Unternehmen, kommunale Betriebe, kommunale Zweckverbände, eingetragene Vereine und Genossenschaften.

Saisonale Großwärmespeicher gelten laut Förderrichtlinie für Wärmenetze 4.0 als Standard, sofern nicht nachgewiesen wird, dass ihr Einsatz unwirtschaftlich wäre. Die bisherige gute Förderung von Regenerativ-Wärmenetzen über das KfW-Programm ‚Erneuerbare Energien Premium‘ wird durch die neue Förderung nicht ersetzt, sondern bis auf weiteres unverändert fortgeführt. Eine Kombination beider Programme ist trotz eines allgemeinen Kumulationsverbots denkbar sofern ein Projekt in mehrere Teilprojekte gesplittet wird. So kann die ertragsabhängige Förderung einer netzeinspeisenden Solarthermie-Anlage über die KfW in bestimmten Konstellationen höhere Fördersätze ergeben. Andererseits gelten im neuen BAFA-Förderprogramm für bestimmte Förderregionen vor allem in Ostdeutschland weniger strenge Grenzen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, während diese bei der KfW ausdrücklich nicht geltend gemacht werden können.

Guido Bröer