In Deutschland entstehen zur Zeit mehrere neue Bioenergiedörfer, die neben Holzhackschnitzelheizungen von großen solarthermischen Anlagen versorgt werden. Besonders in ländlichen Regionen verbreitet sich die Idee der solaren Wärmenetze.

Im Dorf Mengsberg, einem Ortsteil von Neustadt/Hessen, entsteht das mit 3.000 Quadratmetern derzeit größte Kollektorfeld in einem Bioenergiedorf. Nach vierjähriger Vorplanung ist dort im April der Vertrag zwischen der eigens gebildeten örtlichen Energiegenossenschaft und dem Heizungskonzern Viessmann unterzeichnet worde, dessen Projektabteilung das 9 Kilometer lange Netz mit etwa 150 Hausanschlüssen schlüsselfertig bauen will. Die Solaranlage, die am Dorfrand entstehen soll, wird aus Hochleistungs-Flachkollektoren mit jeweils 13 Quadratmetern aufgebaut. Geheizt wird ansonsten mit Holzhackschnitzeln. Als Reservekessel wird ein Gaskessel installiert, der im Bedarfsfall mit Biopropan betrieben würde.Auch am Bodensee sollen noch in diesem Jahr weitere Bioenergiedörfer entstehen. Die solarcomplex AG aus Singen realisiert nach dem Pionierdorf Büsingen nun schon ihr zweites solares Wärmenetz in Randegg. In dem 1000-Einwohner-Dorf, das zur Gemeinde Gottmadingen gehört, wird das seit 2009 auf Holzbasis betriebene Wärmenetz jetzt mit einer 2000 Quadratmeter großen Solaranlage nachgerüstet.

Zunehmend häufiger werden in Bioenergiedörfern auch Solarthermieanlagen an die Wärmenetze angeschlossen

Ebenfalls in der Bodenseeregion planen die Stadtwerke Radolfzell im Radolfzeller Ortsteil Liggeringen ein Wärmenetz mit solarthermischer Unterstützung. Während der Sommermonate werden dort jetzt die ersten Straßenzüge verrohrt. In Rheinland-Pfalz, wo im vergangenen Jahr das erste Solarwärmenetz von den Hunsrück-Gemeinden Külz und Neuerkirch gemeinsam in Betrieb genommen wurde, arbeiten nun auch in der Gemeinde Ellern die Bagger, um die Kommune zum Solar-Bioenergiedorf zu machen. Auch dieses Netz soll mit Holzhackschnitzeln und einer fast 1200 Quadratmeter großen Solarthermieanlage beheizt werden.

Der Impuls dafür kam aus dem Dorf selbst. Für die 105 Hausbesitzer, die sich bislang dafür entschlossen haben, ist der Anschluss kostenlos. Dies wird durch eine Förderung der Gemeinde und die Unterstützung des Landes ermöglicht, die jeweils rund 400.000 Euro beisteuern. Der größte Förderbetrag in Höhe von 956.000 Euro kommt aber aus dem Förderprogramm ‘Erneuerbare Energien Premium’ der bundeseigenen KfW-Bank. Ganz neue Wege ging eine Projektgruppe in der Gemeinde Ellern bei der Mobilisierung der kritischen Masse von Anschlusswilligen. 2015 habe es in dem Projekt ‘eine lange Durststrecke’ gegeben, berichtet der Planer Ulrich Schäfer vom Ingenieurbüro ibs Energie. Dann habe die Kommune allerdings eine Informationsoffensive gestartet. Einerseits habe man im Internet einen Wärmerechner zur Verfügung gestellt, zum anderen seien zehn interessierte Dorfbewohner argumentativ so geschult worden, dass sie ihre Nachbarn als Multiplikatoren überzeugen konnten. ‘Damit haben wir es trotz damaliger Tiefstpreise von 40 Cent für den Liter Heizöl geschafft, die Zahl der Anschlusswilligen in kurzer Zeit von 20 auf 100 zu bekommen’, erklärt Schäfer.

Bereits Ende April wurde im fränkischen Hallerndorf Bayerns größte Solarthermieanlage mit einem Bürgerfest eingeweiht. Betreiber ist die als Ökostromversorger überregional bekannte Naturenergie AG. Bereits 95 Grundstücke sind im Westen Hallerndorfs an das Netz angeschlossen worden. Ein weiterer Bauabschnitt soll bis Ende des Jahres den östlichen Ortsteil anbinden. Das langfristige Ziel ist es, ganz Hallerndorf mit regenerativer Wärme zu versorgen. In den 85.000 Liter großen Pufferspeicher, der Kapazität bietet für den Solarertrag von drei Sommertagen, speisen die Vakuumröhren-Kollektoren der Marke RitterXL direkt ohne hydraulische Trennung ein. Photovoltaik und Stromspeicher sorgen dafür, dass selbst bei einem möglichen Stromausfall die Pumpen 2 Tage weiterlaufen würden, so dass die Hallerndörfer nicht frieren müssten.

In allen neuen Solar-Bioenergiedörfern sind die Solaranlagen so ausgelegt, dass sie in den Sommermonaten die gesamte Heizlast tragen können. Zumeist gibt es für diejenigen Hausbesitzer, die sich für die Dorfwärme entscheiden, den Anschluss ans Glasfaserkabel für schnelles Internet als kostenlose Zugabe.

Guido Bröer